Zum Weisungsrecht des Arbeitgebers bestimmte Kleidung zu tragen
In vielen Betrieben stellen die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Arbeitskleidung zur Verfügung. Sie ordnen an, dass diese Kleidung des Arbeitgebers zu tragen ist. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. So hat der Arbeitgeber meist im Sinn, ein einheitliches Auftreten seiner Mitarbeiter hervorzurufen, auf der Arbeitskleidung einen Firmenschriftzug zu präsentieren, häufig aber auch durch die zur Verfügung gestellte Kleidung die Arbeitnehmer vor Gefahren zu schützen. Doch was passiert, wenn sich der Arbeitnehmer weigert, die Kleidung zu tragen?
Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber im Rahmen seines allgemeinen Weisungsrechts nach § 106 GewO eine Dienstkleidung vorschreiben kann. In einer solchen Anordnung liegt zwar ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Dieses wird jedoch nach Auffassung der Gerichte nur im Bereich der Sozialsphäre betroffen. Die beiden Interessen sind bei einer Anordnung des Arbeitgebers zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Nur dann, wenn die Interessen des Arbeitgebers überwiegen, stellt sich eine solche Weisung als rechtmäßig dar. Die Grenze arbeitgeberseitiger Anordnungen stellt im Ergebnis das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters dar. So wäre beispielsweise eine Vorgabe, welche Farbe die nicht sichtbare Unterwäsche des Mitarbeiters haben muss, nicht erlaubt. Gleiches würde für eine Bekleidung gelten, bei denen sich der Arbeitnehmer lächerlich macht oder auch für eine generelle Anweisung an weibliche Beschäftigte kurze Röcke zu tragen.
Steht jedoch der Kleiderordnung im Betrieb primär das Interesse des Arbeitgebers am Schutz der Mitarbeiter und einem einheitlichen Auftreten im Vordergrund, so wird diese Anordnung als rechtmäßig anzusehen sein. Je gefährlicher die Tätigkeit, desto auffälliger kann die Kleidung sein. Auf Baustellen oder in Hallen mit Gabelstaplerverkehr ist das Tragen von neongelb, rot und reflektierender Kleidung meist vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst. Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter gut sichtbar sind. Im Büro hingegen reicht oft Kleidung, die die Betriebszugehörigkeit anzeigt.
Weigert sich der Mitarbeiter jedoch, diese vorgeschriebene Kleidung des Arbeitgebers zu tragen, so steht es dem Arbeitgeber zu, den Arbeitnehmer abzumahnen. Weigert sich dieser weiterhin beharrlich die Anweisung zu befolgen, kann dies eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Die Rechtmäßigkeit einer Kündigung eines Mannes, der sich nach fast 9 Jahren Betriebszugehörigkeit weigerte, eine rote Hose zu tragen, bestätigte jüngst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 21.05.2024. Zur Begründung führt es aus, es habe eine Güter- und Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen stattzufinden. Überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an einer Verbesserung der Arbeitssicherheit und der Schaffung einer Corporate Identitiy und verweigert der Arbeitnehmer vor dem Hintergrund der somit wirksamen Anordnung trotz mehrerer Gespräche und erfolgter Abmahnung das Tragen einer roten Arbeitsschutzhose, rechtfertige dies zumindest die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Entscheidung stellt für die Arbeitgeber jedoch keinen „Freibrief“ dar. Es hat stets eine Abwägung stattzufinden. Nachhaltige Einwirkungen auf das Persönlichkeitsrecht müssen nicht hingenommen werden, genauso wenig wie Schikane oder willkürliches Verhalten des Arbeitgebers. Nachdem jedoch auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses drohen kann, empfiehlt es sich vor der strikten Weigerung die Weisung des Arbeitsgebers objektiv prüfen zu lassen.
Rechtsanwalt Christoph Scharf
auch Fachanwalt für Medizinrecht
Veröffentlicht am 16. / 17.11.2024 „Der Neue Tag“ Oberpfalzmedien