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Trunkenheit am Steuer legt Unfallverursachung nahe

Beweiserleichterung durch den Anscheinsbeweis

Großstadthektik, Termindruck, persönliche Ungeduld oder auch Alkohol führen schnell zur Unachtsamkeit im Straßenverkehr. Unachtsamkeiten sind meist der Grund für Verkehrsunfälle. Als wäre nicht der Schaden am Fahrzeug und vielleicht auch ein entstandener Personenschaden schlimm genug, weigern sich die Kfz-Haftpflichtversicherer häufig den Schaden zu regulieren. Schwierig wird die Durchsetzung der Ansprüche dann, wenn keine Zeugen den Unfall beobachtet haben, lediglich die Fahrer der beteiligten Fahrzeuge den Schadenshergang beschreiben können.

Die Rechtsprechung hat daher über Jahrzehnte hinaus für besondere Fallkonstellationen eine Beweiserleichterung durch den sogenannten Anscheinsbeweis zugunsten des Geschädigten herausgearbeitet. Kann der konkrete Hergang eines Unfalls nicht nachgewiesen werden, lassen sich aber aufgrund von Erfahrungssätzen Rückschlüsse zum Ablauf ziehen, wird dies als Anscheinsbeweis bezeichnet. Bei einer unklaren Sachlage werden also Erfahrungsgrundsätze herangezogen, welche die Schuld oder Ursächlichkeit der einen Unfallpartei vor dem Hintergrund des Anscheins beweisen. Entscheidend hierfür ist das Merkmal des typischen Geschehensablaufs.

Insbesondere bei Auffahrunfällen kommt es regelmäßig zur Anwendung des Anscheinsbeweises. Hierbei wird zunächst zugrunde gelegt, dass den Fahrer, der mit seinem Fahrzeug auf den Vordermann auffährt, die Schuld trifft. Basis dieser Annahme ist die Vermutung, dass das Schadensereignis aufgrund mangelnden Sicherheitsabstandes, zu hoher Geschwindigkeit oder unzureichender Aufmerksamkeit verursacht wurde.

Dennoch kann dieser Anscheinsbeweis erschüttert werden, indem Tatsachen vorgebracht und bewiesen werden, die auf einen sogenannten atypischen Geschehensablauf hindeuten und zeigen, dass beispielsweise Sicherheitsabstand, Geschwindigkeit und Sorgfalt im konkreten Fall angemessen waren.

Das OLG Frankfurt/Main hat in einer Entscheidung von Januar 2024 nun festgestellt, dass dieser Anscheinsbeweis auch für Unfälle gilt, bei denen der Fahrer alkoholisiert ist. In dem vom OLG zu entscheidenden Fall führte der Fahrer alkoholisiert mit 0,9 Promille ein Fahrzeug und kollidierte mit einer Fußgängerin, die die Straße nicht verkehrsgerecht überquerte. Nach der Entscheidung des Gerichts könne der Fahrer nicht auf ein verkehrsgerechtes Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer vertrauen, wenn er selbst regelwidrig alkoholisiert unterwegs ist. Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand sei als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen, so das OLG.

Im Ergebnis hält das OLG somit fest: Ereignet sich ein Unfall in einer Verkehrslage und unter Umständen, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit für den Unfall ursächlich war.

Nachdem sich die Fahrzeugversicherer häufig über diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des Anscheinsbeweises hinwegsetzen und die rechtlich gebotene Regulierung ganz oder teilweise unterlassen, empfiehlt es sich frühestmöglich für den Geschädigten einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Ansprüche zu beauftragen, zumal der Verursacher auch die Rechtsanwaltskosten des Geschädigten in dem Umfang der Haftung tragen muss.

Rechtsanwalt Christoph Scharf

auch Fachanwalt für Medizinrecht

Veröffentlicht am 19. / 20.10.2024 „Der Neue Tag“ Oberpfalzmedien

https://www.onetz.de/oberpfalz/weiden-oberpfalz/trunkenheit-steuer-legt-unfallverursachung-nahe-id4944688.html#:~:text=Im%20Ergebnis%20h%C3%A4lt%20das%20OLG,f%C3%BCr%20den%20Unfall%20urs%C3%A4chlich%20war.

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